Türkei: Zweifelhaftes Gesetz gegen Straßenhunde kommt

Straßenhund schläft
Die Türkei wählt einen zweifelhaften Weg, ihre etwa vier Millionen Straßenhunde zu reduzieren

Nach Schätzungen der Regierung streifen rund vier Millionen Straßenhunde durch Städte und ländliche Regionen der Türkei – laut „Tagesschau“ so viele wie in keinem anderen entwickelten Land. Präsident Erdogan fordert nun „sichere Straßen“, da hohe Tollwutzahlen und Vorfälle mit Hunden, bei denen Menschen verletzt oder getötet wurden, andernfalls mit zu hohen Risiken verbunden seien.

Mit dem neuen Gesetz werden die Kommunen verpflichtet, streunende Hunde von den Straßen zu entfernen und im Tierheim unterzubringen. Hier sollen sie geimpft, kastriert bzw. sterilisiert und dann zur Adoption frei gegeben werden. In einem ersten Entwurf sollten dann alle Hunde, die nach 30 Tagen nicht vermittelt werden können, getötet werden. Nach massiven Protesten ist dies vom Tisch, der neue Entwurf schließt die Tötung der Tiere aber weiterhin nicht aus – im Gegenteil.

Tötung leicht gemacht

Hunden, die Schmerzen haben, unheilbar krank sind oder als Gesundheitsrisiko für Menschen eingestuft werden, sollen eingeschläfert werden. Damit ist und bleibt das beschlossene Gesetz ein „massiver Rückschritt für die Türkei in Sachen Tierschutz“, kritisiert Luca Secker, Fachreferentin für Heimtiere beim Deutschen Tierschutzbund e.V. „Wir sind entsetzt und enttäuscht, dass die Türkei diesen Weg wählt, obwohl es mit dem bisherigen Gesetz zum ‚Fangen, Kastrieren, Freilassen‘ eine tierfreundliche und zudem nachhaltige Alternative gab, um die Straßentierpopulation zu verringern. Allerdings hat die Türkei diese nicht konsequent umgesetzt und finanziell gefördert, sodass die Vermehrung der Hunde nie ausreichend verhindert wurde.“

Die geringen Kapazitäten der Tierheime würden mit dem neuen Gesetz sehr schnell ausgeschöpft sein, da landesweit nur etwa 110.000 Plätze zur Verfügung stehen. „Tierschützer in der Türkei befürchten daher vermutlich zu Recht, dass der Passus im Gesetz, der die Tötung aggressiver und kranker Hunde erlaubt, als Schlupfloch genutzt werden kann. Denn wann ein Hund als aggressiv oder krank eingestuft und euthanasiert wird, ist nicht genau definiert und wird wohl allein von der durchführenden Person vor Ort entschieden.“

Rumänien: Vom Negativbeispiel zum Modellprojekt

Der Deutsche Tierschutzbund verweist in einem Kommentar auf das Beispiel Rumänien, wo das Einfangen oder sogar Töten von Straßenhunden deren Populationen nicht verkleinert hat – im Gegenteil. Die übrigen Straßenhunde vermehrten sich ungehindert weiter und schlossen ‚Lücken‘ in der Population schnell. Um den Teufelskreis der unkontrollierten Vermehrung zu durchbrechen, hat der Deutsche Tierschutzbund deshalb in diesem Jahr gemeinsam mit seinem Mitgliedsverein Tierhilfe Hoffnung ein Modellprojekt im Landkreis Arges auf den Weg gebracht.  

In den nächsten fünf Jahren wollen die Tierschützer in Kooperation mit der nationalen und der regionalen Veterinärbehörde dafür sorgen, dass Hundebesitzer ihre Hunde kennzeichnen und registrieren sowie gegen Tollwut impfen lassen. Die ebenfalls vorgeschriebene Kastration wird von der Tierhilfe Hoffnung übernommen. Für die geschätzten etwa 40.000 künftigen Kastrationen pro Jahr wurde eigens für das Projekt ein Kastrations- und Registrationszentrum eingerichtet – das erste Zentrum dieser Art in Rumänien, das nach einem vom Deutschen Tierschutzbund und der Tierhilfe Hoffnung für das Land erstellten neuen Gesamtkonzept für Straßenhunde arbeitet.

Ein erster Schritt für das ganze Land

Seit 2013 dürfen Straßenhunde in Rumänien eingefangen und nach einer Verwahrfrist von 14 Tagen getötet werden. Die nicht kastrierten Hunde vermehrten sich trotzdem immer weiter und landeten in der Folge den Tötungsstationen des Landes. „Die Kastration ist der Schlüssel im Kampf gegen Leid und Tod der Straßenhunde“, betont Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. „Ziel muss sein, die mehr als 140 Tötungsstationen in Rumänien zu Kastrations- und Registrationszentren umzurüsten. Nur so lässt sich die Hundepopulation tierschutzgerecht und nachhaltig in den Griff bekommen.“

Quelle: Deutscher Tierschutzbund

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